Der Begriff der Achtsamkeit (englisch: Mindfulness) scheint heute in aller Munde zu sein. Doch worum handelt es sich dabei überhaupt? Dieser Artikel soll Aufschluss geben.
Der Ursprung der Achtsamkeit
Wie etwa Amelie Schneifel in ihrem Buch „Loslassen und im Jetzt leben“ darlegt, liegen die Ursprünge bewusst eingesetzter Achtsamkeit vermutlich in der Religion begründet. Besonders im Buddhismus nimmt die Achtsamkeit, die im Rahmen von Meditation praktiziert wird, eine zentrale Rolle ein. Sie hilft dabei, die Anhaftung an die Dinge der Welt und all die Begierden, die den Menschen antreiben, loszulassen und ist damit unabdingbarer Bestandteil des edlen achtfachen Pfads hin zur Erlösung vom Leiden. Doch auch in Religionen, die unserem Kulturkreis verbreitet sind, werden Achtsamkeit und Meditation praktiziert. Im Christentum des Mittelalters, vor allem in den mystischen Strömungen, waren sie wichtiger Bestandteil der Glaubenspraxis.
Achtsamkeit heute
In der westlichen Welt erlebt das Konzept der Achtsamkeit vor allem ausgehend von Jon Kabat-Zinn ein Revival. Der emeritierte Professor für Molekularbiologie gründete nicht nur das „Center for Mindfulness in Medicine, Health Care and Society“, sondern forschte auch selbst in diesem Bereich. Von ihm stammt eine der wohl prägnantesten Definitionen des Begriffs der Achtsamkeit: Achtsamkeit ist demnach eine Form der Aufmerksamkeit, die absichtsvoll, auf den gegenwärtigen Moment gerichtet und nicht wertend ist.
Wer Achtsamkeitsmeditation betreibt, löst sich also gedanklich ein Stück weit aus dem Denken in Vergangenheit und Zukunft heraus und übt sich darin, nicht zu urteilen. Das sind Kompetenzen, die in der heutigen Zeit fehl am Platze scheinen – in der kapitalistisch-globalisierten Welt ist ein beständiges Selbstoptimieren, das ganz selbstverständlich weit in die Zukunft hineinreicht, ebenso an der Tagesordnung wie die ständige Bewertung jeglicher Situation. Die Verspätung der Straßenbahn ist eine Katastrophe, da sie wertvolle Zeit kostet. Die Warteschlange vor der Imbissbude ist ein Störfaktor, da sie Zeit kostet. Das Lesen im neuen Buch macht eigentlich Spaß, kann aber nur mit schlechtem Gewissen betrieben werden, da wir den Gedanken nicht loswerden, dass wir die dafür aufgewendete Zeit effektiver nutzen könnten. Weitere Beispiele ließen sich problemlos finden, sind aber wahrscheinlich gar nicht mehr nötig – wir bewerten ständig und halten uns damit davon ab, einmal einfach nur darauf zu achten, was wir eigentlich erleben.
Die Hinwendung zur Achtsamkeit kann also als Reaktion auf Symptome einer gefühlt immer schneller, härter und kälter werdenden Welt verstanden werden.
Achtsamkeit und Gesundheit
Achtsamkeit wird heute längst nicht mehr nur in religiösen Kontexten praktiziert, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen. Vor allem der psychischen Gesundheit sind regelmäßige Achtsamkeitsmeditationen im Regelfall sehr zuträglich. Nur bei wenigen Erkrankungen sind derartige Meditationen kontraindiziert. Sowohl im Bereich der Prävention als auch im Rahmen der Selbsthilfe und der Psychotherapie wird Achtsamkeit praktiziert. Bekannt ist in diesem Kontext auch die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, die von Jon Kabat-Zinn entwickelt wurde. Es handelt sich dabei um ein mehrtägiges Achtsamkeitsprogramm, das der Stressbewältigung dient. Die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie ist eine Methode der Psychotherapie, die als Weiterentwicklung dieses Programms verstanden werden kann.
Wirkungen der Praktizierung von Achtsamkeit konnten mittlerweile auch in empirischen Studien nachgewiesen werden. Ein großes Problem bleibt jedoch bestehen: Wer regelmäßig Achtsamkeit praktiziert, nur um sich ansonsten besonders stark belasten zu können, arbeitet am eigentlichen Ziel vorbei und zweckentfremdet die Achtsamkeit – was sicher schädlich ist. Zur Fokussierung auf den gegenwärtigen Moment, als bewusstes Ausklinken aus der Leistungs-und-Bewertungs-Gesellschaft sowie zur Prävention von Depression und Co ist sie hingegen bestens geeignet.
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Dieser Artikel wurde im Rahmen einer Kooperation von immer-gesund.com zur Verfügung gestellt.
Bild Quelle: Bild von Okan Caliskan auf Pixabay;
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